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Eine chinesische Pharmakologin, der Nobelpreis für Medizin 2015 und die TCM

„Artemisinin ist ein Geschenk der TCM an die Menschheit.“ Mit diesen Worten wird To Youyou zitiert, die im Oktober 2015 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Die Verleihung erregte in der internationalen Medizinwelt großes Aufsehen.

Doch obwohl die Arbeit und Geschichte der 86-Jährigen in der Tat bemerkenswert sind, richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass To Youyou sich mit TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) beschäftigt. Genauer gesagt, erhielt die Nobelpreisträgerin den entscheidenden Hinweis für ihre Forschungsarbeit aus einer traditionellen chinesischen Schrift. Hier bestätigt sich einmal mehr, dass das gesammelte und überlieferte Wissen der TCM natürlich auch heute noch wertvoll und gültig ist.

In der Diskussion um den Nobelpreis für To Youyou hat sich hingegen leider nur noch einmal gezeigt, wie tief die Gräben zwischen TCM und der modernen westlichen Medizin auch heute noch gezogen werden. Aber was war eigentlich passiert?

Der Auftrag von Mao: ein Mittel gegen Malaria finden

Lange war man der Malaria mit Chloroquin begegnet. Doch in den 1960er Jahren entwickelten die Malariaerreger Resistenzen gegen diesen Wirkstoff. Für die von dieser Krankheit betroffenen Länder glich das einer Katastrophe. Dazu gehört auch Nordvietnam, das sich damals im Krieg mit den USA befand. Als Beistand für die Nordvietnamesen rief das damalige Staatsoberhaupt von China, Mao Zedong, die Mediziner seines Landes dazu auf, ein Heilmittel für Malaria zu finden. Ab 1967 arbeiteten rund 500 Wissenschaftler an dieser Aufgabe.

Eine von ihnen war To Youyou. Sie war sowohl in der chinesischen Kräutermedizin als auch der modernen Pharmazie ausgebildet.

Das Erfolgsrezept: jahrelange intensive Forschungsarbeiten im Wissenschatz der TCM

To Youyou leitete ein Team, dessen Arbeit sie ab 1969 in Richtung TCM steuerte. Sie besuchte TCM-Praktizierende im ganzen Land und ihr Team ging über 2000 Rezepturen altchinesischer Heilkräuter durch.

To Youyou wählte 640 davon für weitere Forschungsarbeiten aus. Schließlich konzentrierte sie die Arbeit auf den Einjährigen Beifuß (Artemisia annua, Chinesisch: Qinghao). Doch die Zubereitungen zeigten nicht die ersehnte Wirkung. Da stieß To Youyou auf den entscheidenden Hinweis. Im „Handbook of Prescriptions for Emergencies“ des Physikers Ge Hong (284-363) hieß es: „Ein Bündel Qinghao wird mit 2,2 l Wasser vermengt. Danach wird der Saft ausgepresst und oral eingenommen.“

To Youyou bemerkte, dass bei dieser Zubereitung nicht mit Hitze gearbeitet wurde. Tatsächlich stellte sich im Folgenden heraus, dass der gegen Malaria wirksame Inhaltsstoff des Einjährigen Beifuß durch das sonst übliche Auf- und Auskochen zerstört wurde. Ohne Hitze extrahiert erwies sich Artemisinin als geeignetes Therapeutikum für alle Stadien der Malaria. Damit war das Heilmittel gegen Malaria 1972 gefunden, fünf Jahre, nachdem Mao zur Suche aufgerufen hatte.

Eine lange unbekannte Entdeckung …

Ab 1972 wurde Artemisinin produziert und rettete Tausenden das Leben. Doch es dauerte lange, bis sich das Mittel trotz unanfechtbarer Wirksamkeit weltweit durchsetzte. Die erste englischsprachige Publikation zu Artemisinin erschien 1979. Aber erst in den 1990er Jahren kam das bis heute zumeist aus der Pflanze extrahierte Artemisinin in Form eines Medikaments auf den internationalen Markt. Nach Schätzungen hat Artemisinin seit dem Jahr 2000 über 1,5 Millionen an Malaria erkrankten Menschen das Überleben gesichert.

… und eine noch viel unbekanntere Entdeckerin

Doch warum wurde To Youyou dafür erst so spät geehrt? Weil der Schatten von Mao nicht nur auf der Forschung lag, sondern auch auf der Publikation der Ergebnisse. Nach seiner Ideologie sollte es nicht um Individuen gehen, sondern um das Kollektiv. So wurden Tus Forschungsergebnisse in China anonym veröffentlicht. Persönlich trat sie 1981 in Erscheinung, als sie die Artemisinin betreffenden Ergebnisse der WHO vorstellte.

Dennoch ließ die internationale Anerkennung ihrer Arbeit bis 2011 auf sich warten. Unter anderem erhielt sie in diesem Jahr den Lasker-DeBakey Clinical Medical Research Award, der als Vorbote eines möglichen Nobelpreises gilt. So durfte Frau Youyou die Anerkennung ihrer Arbeit als 81-Jährige noch erleben.

Altes Wissen, moderne Methoden – Gegensätze?

In einer Zeit, in der ganze Forschertrupps in Regenwäldern nach pharmakologisch interessanten Pflanzen suchen, hat mich die Aufruhr um die TCM-Verbundenheit von To Youyou doch ziemlich überrascht. Der Gedanke, den Jahrtausende alten Wissensschatz der TCM nach bewährten Wirkstoffen zu durchforsten – ist er wirklich so fernliegend? Gerade der Fall Artemisinin zeigt, wie entscheidend auch die überlieferten Zubereitungsmethoden sein können.

Was bei einer solchen Betrachtungsweise der TCM jedoch auf der Strecke bleibt, ist das meiner Meinung nach wahre Wissen – die Weisheit – der TCM. Denn hier geht es nicht nur um einzelne Wirkstoffe, sondern um eine ganzheitliche Lebensweise, welche für Gesundheit, Zufriedenheit und innere Ruhe sorgen soll. Nicht das schlechteste Ziel, nachdem man die Malaria besiegt hat, oder?