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Heile, heile Pflänzchen – Kräuter in der traditionellen chinesischen Medizin

Akupunktur – das ist oft die erste Assoziation beim Thema traditionelle chinesische Medizin (TCM). Dabei werden in ca. 80 % aller Behandlungen nicht Nadeln, sondern chinesischen Arzneimitteln eingesetzt, meistens mit Heilpflanzen. Die Kraft der Pflanzen und die Komplexität ihrer Auswahl faszinieren mich immer wieder. Darum lade ich Sie ein zu einem kleinen Ausflug in die Welt der chinesischen Kräuterheilkunde.

Eine (fast) ungebrochene Tradition: das Wissen der traditionellen chinesischen Medizin

In jeder Kultur haben die Menschen gelernt, heilende Kräuter für sich zu nutzen. Über Generationen haben sie bewährte Rezepte verfeinert und an ihre Nachkommen weitergegeben. Leider sind diese Überlieferungen und das gesammelte Wissen jedoch in vielen Kulturen verloren gegangen oder ausgelöscht worden. Nur ein Beispiel: die Hexenverfolgung in Deutschland stellte Heilkräuterkundige unter Generalverdacht. Was in dieser Zeit an Menschenleben und Erfahrungswissen vernichtet wurde, ist (natürlich weit über die Kräuterheilkunde hinaus) eine Tragödie.

Demgegenüber hat die traditionelle chinesische Medizin einen unschätzbaren Vorteil: sie existiert seit mindestens 3.000 Jahren ohne nennenswerte Unterbrechungen und hat ihr umfangreiches Wissen bewahrt. Dass wir es auch für uns einsetzen können, empfinde ich als ein großes Glück. Es geht dabei nicht um Exotenmedizin, sondern um einen Erfahrungsschatz, der mehrere tausend Jahre umfasst.

Ein komplexes System und eine für westliche Köpfe ungewohnte Systematisierung

Sie haben es vielleicht schon auf meiner Website gelesen, unter „Arzneimittel“:

„Chinesische Arzneimittel sind nicht deshalb chinesisch, weil sie nur in China zu finden wären. Viele der Kräuter wachsen auch in unseren Breiten. Ein chinesisches Arzneimittel ist chinesisch, weil es nach ganz spezifischen Eigenschaften klassifiziert ist. Dazu gehören der Geschmack, die erzeugte Temperatur und der Leitbahneneintritt.“

Hier im Blog kann ich dazu etwas weiter ausholen.

Was die meisten von uns aus dem westlichen Denken kennen, sind klare Zuordnungen von Heilkräutern zu Symptomen: Thymian ist gut für die Bronchien, Salbei hilft gegen Halsentzündungen – zum Beispiel. Die traditionelle chinesische Medizin behandelt natürlich ebenfalls Symptome, betrachtet diese aber im Zusammenhang mit dem Gesamtzustand des Menschen. So wird zum Beispiel die Halsentzündung symptomatisch gelindert, aber gleichzeitig großen Wert darauf gelegt, den Organismus wieder in eine Harmonie zu bringen, in der er nicht für Krankheiten anfällig ist.

Diese Art des Blickes hat auch eine für uns zunächst ungewohnte Systematisierung der Kräuter bewirkt:

  • befeuchtet eine Substanz den Körper oder trocknet sie eher aus?
  • Richtet sie Energie nach oben oder nach unten?
  • Leitet sie Energie aus oder zu?
  • Welche Temperatur ist ihr zugeordnet: heiß, warm, kühl, kalt oder neutral?
  • Welcher Geschmack ist ihr zugeordnet: scharf, sauer, bitter, salzig oder süß?
  • Auf welche Funktionskreise und Organe wirkt die Substanz?

Mit jeder dieser Fragen erfahren Sie etwas anderes über die betreffende Substanz, bis Sie schließlich ein sehr ausdifferenziertes Portrait von ihren Eigenschaften gewonnen haben. In der Praxis gehe ich natürlich häufig den umgekehrten Weg. Ich schaue mir an, welche Eigenschaften eine Arznei für die jeweilige Person haben muss, die vor mir sitzt. Hierbei entsteht ein ebenfalls hochkomplexes Anforderungsprofil, zu dem häufig nur wenige Kräuter oder eine sorgfältig abgestimmte Mischung passen.

Ein Beispiel aus dem heimischen Kräutergarten: Die Pfefferminze

Wie gesagt, ein Heilkraut muss nicht in China gewachsen sein, um in der traditionellen chinesischen Medizin berücksichtigt zu werden. Die Pfefferminze kennt jeder von uns. Googeln Sie doch einmal ihre Heilwirkungen. Sie erfahren, dass Pfefferminze u. a. antibakteriell, beruhigend, keimtötend und tonisierend wirkt.

In der traditionellen chinesischen Medizin klingt das hingegen so: Pfefferminze ist

  • flüchtig-kalt,
  • scharf im Geschmack,
  • emporhebend,
  • klärt Wind-Hitze im Kopfbereich und
  • beeinflusst die Funktionskreise Lunge und Leber.
  • Ihr Wirkungsort sind die Oberfläche (Haut), Kopf und Augen.

Damit eignet sie sich unter anderem besonders gut für akute Phasen chronischer Hautkrankheiten, Infektionen oder allergische Reaktionen von Hals, Nase, Ohren und Augen. Im Chinesischen heißt die Pfefferminze übrigens Bo He. Unter diesem Namen erhalten Sie sie auch als chinesisches Heilkraut in der Apotheke.

In der chinesischen Medizin wird die Pfefferminze oft in Rezepten beigemischt, gehört aber nicht zu den stark wirkenden Heilmitteln. Es ist stattdessen ein Heilkraut, das andere Heilmittel in ihrer Wirkung verstärkt oder ergänzt.

Erkennungsmerkmal eines gezielten Einsatzes der Heilkräuter: akribische Diagnosen und dynamische Behandlungen

Da in der traditionellen chinesischen Medizin der Organismus harmonisiert werden soll, sind sowohl die Diagnose als auch die Behandlung möglichst umfassend. Neben den Puls- und Zungendiagnose ist die Krankengeschichte für mich sehr, sehr wichtig. Immer wiederkehrende Krankheiten wie z. B. Sinusitis oder Bronchitis lassen Rückschlüsse auf Ihre Konstitution und langfristig bestehende Ungleichgewichte zu. Bringen Sie also Zeit mit, wenn Sie zu mir oder einem anderen TCM-Praktiker kommen und rekapitulieren Sie ruhig vorher noch einmal Ihre bisherigen Krankheiten (Sie dürfen natürlich auch gerne Notizen mitbringen). Das kann sehr hilfreich sein, um die für Sie wirkungsvollsten Kräuter herauszufinden.

Die Behandlung selbst wird immer wieder überprüft und angepasst. Manchmal reicht es, eine Rezeptur in ihren Anteilen zu verändern, manchmal sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Heilpflanzen gefragt. Mir persönlich gefällt sehr gut, dass die Behandlung nicht statisch erfolgt, sondern sich der natürlichen Dynamik unseres Organismus anpasst. Ich freue mich, wenn die in der traditionellen chinesischen Medizin verwendeten Heilkräuter auch Ihnen in Zukunft helfen, länger und häufiger gesund zu bleiben.


 

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Würden Sie gerne mehr über die Einteilung der Kräuter wissen? Verraten Sie es mir doch in einem Kommentar – ich freue mich darauf, von Ihnen zu lesen!